Parasitisch lebende Wespen gab es schon vor vielen Millionen Jahren: Einer internationalen Forschergruppe mit Beteiligung von Heidelberger Wissenschaftlern ist es gelungen, wichtige Erkenntnisse zur Evolution des Parasitismus zu gewinnen. Dank ultraschneller Röntgenbildgebung konnten erstmals fossile parasitäre Wespen in ihren Wirten nachgewiesen werden. Vier ausgestorbene und bis dahin unbekannte Wespenarten wurden neu entdeckt und beschrieben. Forscher der Universität Heidelberg entwickelten passende mathematische Algorithmen und die Software für die digitale Rekonstruktion.
Grundlage der Untersuchungen bildeten mehr als 1.500 Fossilien, die zu Sammlungen des Naturhistorischen Museums Basel (Schweiz) und des Naturhistoriska Riksmuseet Stockholm (Schweden) gehören. Es handelt sich um mineralisierte Fliegenpuppen, die im späten 19. Jahrhundert in Phosphoritminen im südfranzösischen Quercy gefunden und bereits 1944 von dem Basler Entomologe Eduard Handschin ausgiebig beschrieben wurden. Er wies auf die besondere Bedeutung der äußerlich unscheinbaren, nur rund drei Millimeter langen Stücke hin. Handschin hatte zwar in einer schätzungsweise 34 bis 40 Millionen Jahre alten Fliegenpuppe den Umriss einer parasitischen Wespe erahnt, eindeutig nachweisen ließ sich diese mit den damaligen Methoden allerdings nicht.
Mit der Methode der Synchrotron-Röntgen-Mikrotomographie ist es heute möglich, das Innere von Millionen Jahre alten Objekten zerstörungsfrei zu untersuchen und die darin enthaltenen inneren Strukturen dreidimensional zu erfassen und darzustellen. Geröntgt wurden die Fliegenpuppen an der Hochgeschwindigkeits-Tomographie-Station UFO am Synchrotron des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), an dem das Projekt auch koordiniert wurde. Nachdem die parasitischen Wespen im Innern der Fliegenpuppen durchleuchtet worden waren, wurden sie aufwendig digital aufbereitet und hochauflösend rekonstruiert.
Für diese Rekonstruktion kam die „Biomedical Image Segmentation App“ (Biomedisa) zum Einsatz. Entwickelt wurde die Online-Anwendung am Engineering Mathematics and Computing Lab, das unter der Leitung von Prof. Dr. Vincent Heuveline am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen der Universität Heidelberg arbeitet. „Biomedisa ist in der Lage, in sehr kurzer Zeit sehr große dreidimensionale Bilddaten, wie sie zum Beispiel durch die Synchrotron-Röntgen-Mikrotomographie erzeugt werden, zu analysieren“, so der Wissenschaftler, der zugleich eine Forschungsgruppe am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS) leitet.